Prozessmanagement /-ˈmænɪdʒmənt/, auch Geschäftsprozessmanagement (GPM) oder Geschäftsprozessverwaltung, beschäftigt sich mit der Identifikation, Gestaltung, Dokumentation, Implementierung, Steuerung und Verbesserung von Geschäftsprozessen. Ganzheitliche Ansätze des Geschäftsprozessmanagements adressieren nicht nur technische Fragestellungen, sondern insbesondere auch organisatorische Aspekte, wie die strategische Ausrichtung, die Organisationskultur oder die Einbindung und Führung von Prozessbeteiligten.
„Wer macht was, wann, wie und womit?“ ist eine zentrale Fragestellung. Zur Verbesserung und Steuerung werden entsprechende Kennzahlen verwendet. Diese Kennzahlen können zum Beispiel in einer Balanced Scorecard dargestellt werden.
Ziel des Geschäftsprozessmanagements ist es, die in jedem Unternehmen existierenden Informationen zu den eigenen Geschäftsprozessen zu nutzen, um sich auf den Kunden einzustellen und als Ergebnis die Unternehmensziele besser zu erreichen. Insbesondere gehören dazu[2]:
Aus den Zielsetzungen ergeben sich daher folgende Tätigkeitsbereiche für das Geschäftsprozessmanagement:
Die Erkenntnisse aus dem Überwachen fließen idealerweise in einem Kreislauf wieder in die Planung ein.
Geschäftsprozessmanagement im Zusammenhang mit der IT hat vor allem die Abstimmung von Geschäftsfunktionen und IT im Fokus. Daraus ergeben sich dann die folgenden Ziele:[3]
In der Planungsphase geht es darum, die Geschäftsprozesse als Typen zu identifizieren. Dabei können entweder existierende Prozesse herausgefunden beziehungsweise dokumentiert oder die Prozesse neu geplant werden. Die Geschäftsprozessmodellierung basiert im Allgemeinen auf standardisierten Modellierungssprachen wie zum Beispiel Ereignisgesteuerten Prozessketten, UML-Aktivitätsdiagrammen, Folgeplan oder Business Process Model and Notation.
Eine Möglichkeit ist es, in einem ersten Schritt nur Regeln zum Aufzeichnen des Prozessablaufes festzulegen. Damit werden dann Daten aufgezeichnet. Mittels Process Discovery beziehungsweise Process Mining wird dann versucht, tatsächliche Prozesse herauszufinden.
Die so identifizierten Prozesse können dann analysiert und als Grundlage für weitere Planungen verwendet werden. Es ist auch möglich, ihnen verantwortliche Rollen oder Personen zuzuordnen: Prozesseigner oder Prozessverantwortliche. Für die gesamte Koordination über alle Geschäftsprozesse hinweg existiert manchmal auch die Rolle des Prozesskoordinators.
In der Sachbearbeitung kann häufig nur ein geringerer Teil in strukturierten Prozessen vorgedacht werden. Der überwiegende Teil ist unstrukturiert oder nur in Teilen strukturierbar, das heißt nicht oder nur wenig vorhersehbar. Man spricht auch von Case Managagement (Fallmanagement). Case Manager sind für einen Fall verantwortlich und entscheiden aufgrund ihrer Erfahrung, was die nächsten Schritte sind und wen sie an der Bearbeitung des Falls beteiligen. Typische Arbeitsplätze sind die von Mitarbeitern der Arbeitsagenturen, von Richtern, von Bankern im Bereich von Spezialkrediten, beim Customer Support. Krankenhausprozesse sind ebenfalls nicht vorherbestimmbar. Hinzu kommen das Event Management und alle Arbeitsplätze, an denen sehr kreativ gearbeitet wird. Daraus ergeben sich Herausforderungen in der Messbarkeit dieser Prozesse und damit ihrer Optimierbarkeit.
Vor der Umsetzung neuer oder umgestalteter Geschäftsprozesse in die Praxis bietet sich deren Prüfung hinsichtlich ihrer Zielerreichung (Kosten, Zeit und Qualität, aber auch Warendurchsatz, Ressourcenallokation o. ä.) durch eine Simulation auf Basis der Prozessmodelle oder eine Prozesskostenrechnung an.
Die Planung fließt in die Prozessdurchführung ein. Die klassischen Mittel zum Organisieren der Ablauforganisation können zum Einsatz kommen. Man kann Prozessmodelle auch in eine Process- beziehungsweise Workflow-Engine übertragen und darin ausführen lassen. In der Regel sind dazu eine Reihe weiterer technischer Informationen durch IT-Spezialisten anzureichern, wie etwa der technische Aufruf einer Anwendung lautet, welche Parameter übergeben werden sollen, was im Fehlerfall passieren soll. In der Regel besitzen die Engines Restriktionen, so dass das Modell angepasst werden muss. Zudem ist die organisatorische Sicht häufig weniger differenziert oder überdifferenziert. Im letzten Fall werden aus mehreren Aktivitäten nur eine, da der Rest der Aufgaben in der aufgerufenen Anwendung selbst ausgeführt wird.
Das Überwachen von Geschäftsprozessen beinhaltet einerseits kurzfristige Aktivitäten wie zum Beispiel festzustellen, dass ein Team mit Aufträgen überhäuft ist, andererseits auch längerfristige Aktivitäten wie Kennzahlen zu erzeugen, die wieder in die Planung einfließen können.
Zu den methodischen Anwendungen der systematischen Prozessplanung gehört auch das Aufklären der tatsächlichen Abläufe von wiederholt durchlaufenen Prozessen. Das so genannte Process Mining (nach van der Aalst) ist eine systematische Erweiterung des Data-Mining auf final oder besser noch temporal geordnete Daten. Bedeutsam ist neben der Dauer einzelner Prozessabschnitte zwischen Ereignissen vor allen die Ressourcenbindung der beteiligten Personen und der benutzten Infrastrukturen.
Diese Auswertungen dienen beispielsweise
Dazu werden die gesammelten Daten aus der Prozessausführung, beispielsweise Logfiles benutzt. Diese stellen bei Netzwerk-gebundenen Prozessen die Authentisierungsserver zur Verfügung.
Gespeichert werden die Prozessdaten laufender und abgelaufener Prozesse in einer Prozessdatenbank (Process Warehouse). Das ist ein spezialisiertes Data-Warehouse, in dem die Geschäftsprozessdaten vorkonfiguriert archiviert und wiederholt systematisch ausgebeutet werden können. Der Zugriff sollte einfacher sein als mit einer unspezifischen Datenbank.
Kennzahlen zum Beispiel aus der Logistik lassen sich generell auch für die Verwaltung von Geschäftsprozessen anwenden. Beispiele sind:
All diese Kennzahlen werden erst durch Summieren oder Berechnung des Durchschnitts aussagekräftig. Außerdem können somit Kosten zugeordnet werden.
Speziell in der Arzneimittel- und Halbleiterindustrie wird großer Wert auf Nachvollziehbarkeit gelegt. Gesetzliche Vorschriften verlangen, dass man zum Beispiel feststellen kann, wer wann was in genau diese Packung Medikament gemischt hat. Auch in anderen Branchen wird auf Nachvollziehbarkeit zunehmend Wert gelegt, indem Verantwortliche eine höhere Haftung übernehmen müssen (Organisationsverschulden). Unterstützende Methoden sind z.B. Lean Management, Six Sigma, Total-Quality-Management.
Die Konsequenzen der Prozessorientierung werden in folgenden drei Bereichen ersichtlich.
Der Gedanke des Prozessmanagement ist nicht neu,ein kleiner historischer Abriss – bereits in den 1930er-Jahren weist F. Nordsieck in folgendem Zitat auf die Notwendigkeit einer an Prozessen ausgerichteten Unternehmensgestaltung hin:
Nordsieck begründet damit zwar noch kein prozessorientiertes Konzept, bildet aber immerhin die gedankliche Grundlage, denn er erkennt den abstrakten Betriebsprozess als Grundlage für die Strukturierung der Aufbauorganisation. Lange Zeit beschäftigte man sich ausschließlich mit der Gestaltung der Aufbauorganisation. Dies führte zu einer Entfremdung vom Kunden sowie zu mangelnder Flexibilität und Schlagkraft am Markt und damit verbundenen Wettbewerbsnachteilen.
Deshalb kam es zu einer Fokussierung auf die Qualität im Unternehmen und somit gewann auch die Prozessorientierung wieder an Bedeutung. Erste Arbeiten zu diesem Thema wurden jedoch erst in den 1980er-Jahren unter anderem von Michael Gaitanides und August-Wilhelm Scheer veröffentlicht.
In den letzten Jahren konnte in empirischen Studien eine positive Korrelation zwischen Unternehmensergebnis und gezielter BPM-Anwendung nachgewiesen werden.[9] Noch bessere Ergebnisse konnten für Unternehmen, die BPM gezielt mit einer anderen Management-Methode wie Six Sigma kombinierten, aufgezeigt werden.[10] Besonders gelebte Prozessorientierung kann die Umsatzrendite einer Organisation steigern.[11]
Die Begriffe Prozessmanagement, Geschäftsprozessmanagement oder Business Process Management (BPM) werden von den Marktteilnehmern genutzt, aber häufig unterschiedlich verstanden. Das liegt daran, dass es lange keine Organisation gab, deren Definition im Sinne einer Standardisierung als allgemeingültig akzeptiert wurden. Auf der einen Seite gibt es Institutionen wie etwa in Deutschland die Gesellschaft für Organisation, deren Augenmerk auf Methoden und Managementdisziplinen liegt. Auf der anderen Seite gibt es eine Reihe von Organisationen, die sich um die Standardisierungen von Workflow-/Prozesstechnologien kümmern wie die Workflow Management Coalition (WfMC), die Object Management Group (OMG) oder die Organization for the Advancement of Structured Information Standards (OASIS).
Mit der Association of Business Process Management Professionals (ABPMP), und der ihr angegliederten European Association of Business Process Management (EABPM) scheint zum ersten Mal die Definitionshoheit für BPM anerkannt zu werden. Das Chapter Deutschland wird vertreten durch die Gesellschaft für Organisation, Österreich durch die Österreichische Vereinigung für Organisation und Management (ÖVO) und die Schweiz durch die Schweizerische Gesellschaft für Organisation und Management (SGO). In den beteiligten Organisationen arbeiten viele Mitglieder mit Reputation seit 2006 an einem Ausbildungskanon für eine Zertifizierung zum BPM Professional. Im Dezember 2009 wurde die erste international anerkannte Prozessmanagement-Zertifizierungs-Prüfung in der Schweiz durchgeführt. 24 Absolventen wurden dafür als sogenannte Certified Business Process Professional (CBPP) ausgezeichnet. Ende 2012 waren es bereits 110 Zertifizierte. Grundlage der Zertifizierung ist der Inhalt des Leitfadens „Guide to the Business Process Management Common Body of Knowledge”, kurz „BPM CBOK™. Mit Stand Ende Dezember 2012 gibt es 202 CBPP in Deutschland.
In Österreich und der Schweiz wirkt die Gesellschaft für Prozessmanagement (GP) als Kompetenznetzwerk in Sachen Prozessmanagement. Laut eigener Homepage bietet die GP in Kooperation mit dem Wirtschaftsförderungsinstitut (WIFI) der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) seit 2007 Prüfungen zur Zertifizierung zum Process Manager (PcM) und Senior Process Manager (SPcM) an.Das WIFI ist als Zertifikatsaussteller für diese Zertifizierung laut Bundesgesetzblatt (Österreich) nach EN ISO/IEC 17024 akkreditiert und wurde 2010 in die Liste der akkreditierten Zertifizierungsstellen nach EN ISO/IEC 17024-Standard für die Zertifizierung von Personen aufgenommen.Seit 2007 wurden laut Gesellschaft für Prozessmanagement mit Stand Jänner 2012 mehr als 700 Personen zum PcM oder SPcM zertifiziert.
Der Begriff ist in Bezug auf die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in das folgende Umfeld einzuordnen:
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